Vorletzter Spieltag in der Landesklasse Ost und unsere Reise ging zum SV Zeißig. Die Zeißiger standen nach einer schweren Saison bereits als Absteiger fest und hatten am heutigen Tag ihr letztes Heimspiel in der Landesklasse. Wir wünschen den Zeißigern, mit denen wir uns schon über Jahre auch in der Kreisoberliga gemessen haben, alles Gute für die Zukunft!
Zum Spiel.
Kader-technisch sah es mal wieder mau aus. Bau, Kinderdienst, Urlaub, Arbeit… die Liste an verständlichen Absagen war lang und so wurden alle Reserven zusammengezogen.
Und damit gehen wir über in die „Ich“ – Perspektive.
Ich bin Michel, 31, spiele unregelmäßig und mittelmäßig bei den alten Herren, mach paar Ansagen im Stadion und schreib den Bumms hier.
Am Freitag vor dem Spiel erkundigte ich mich bei Übungsleiter Conrad Wähner ob es am Spieltag noch was zu organisieren gibt.
Antwort:
“ Top Ding
Kannst gern mal deine Tasche mitbringen für den Katastrophenfall “
Geil – dachte ich, endlich wieder wie früher mit den Jungs zum Auswärtsspiel fahren. Früher heißt in dem Fall 9 Jahre her und es endete mit einem Kreuzbandriss in Nebelschütz. Verblieben im heutigen Kader sind von damals nur Marco Junghanns und eben dieser Conrad Wähner, der nun diese tollkühne Idee hatte. Am Abend traf ich noch Niklas Maruschke, der mir verkündete das ich rechte Bahn spielen muss. 7 Uhr war die Nacht vorbei – das schaffe ich niemals dachte ich. Die drei-vier Einheiten bei der ersten Mannschaft würden im Leben nicht über meine mangelnde Kondition und meine mangelnde Schnelligkeit hinwegtäuschen. Fürs Passspiel würde ich mir übrigens ne zwei geben. Zweikampfverhalten – lieber nicht. Aber 90 Minuten?! Das muss geklärt werden. Ca. 9:30Uhr dann Entwarnung. Es bleibt beim „Katastrophenfall“!
Ein Glück – der Jungspund kann sich was anhören!
Um 10Uhr war die Tasche schon gepackt. Hab ich ich alles?! Wird schon – fährst ja nicht zu ersten mal zum Fußball. Das wichtigste war drin, die Kniebandage.
Pünktlich 12:45Uhr beim Treff gewesen. Der Ungläubigkeit beim Anblick meiner Tasche folgten strahlende Gesichter auf beiden Seiten – bei den Profis und beim Alt-Liga Spieler. Conrad Wähner übrigens noch vor der Abreise mit Nasenbluten. Ein Zeichen? War die Idee mit dem jung gebliebenen Altherren Spieler die richtige?
Jetzt war’s eh entschieden – ich saß als erster im Bus!
Beim Durchzählen aber Ernüchterung. 12 Spielfähige Akteure und ich. Ein Glück kam am Abend noch die Freigabe vom Staffelleiter für Tobias Berthold – die rote Karte von Weixdorf brachten ihm nur zwei Spiele Sperre – er konnte spielen! Ein Glücksfall für mich, für Tobias sollte die Entscheidung noch Schmerzen mit sich bringen.
Abfahrt!
Mit einem Lachen im Gesicht lauschte man den Geschichten von Polizei-Kommissar Preuß und vorbei ging es an Nebelschütz – da war ja was – in Richtung Zeißig. Kurz vorm Ziel ein Schreckmoment: Radlerhose vergessen. Der Katastrophenfall darf also nur ne halbe Stunde gehen, sonst renn‘ ich mir nen Wolf.
Vor Ort dann das übliche Prozedere. Platzbegehung, bisschen Haha-Hihi und in der Kabine provozierend laute Musik. Neu dabei aber das Genre: Ballermann – damit konnte ich aber was anfangen.
Als sich alle halbwegs umgezogen hatten geht die Musik aus, Übungsleiter Wähner schreitet zur Tafel und ergreift das Wort. In den folgenden Minuten hätte er mir alles verkaufen können. Klare Anweisungen für die einzelnen Mannschaftsteile gepaart mit den richtigen Emotionen – da brennt man automatisch für die kommende Aufgabe. Danach noch paar Malle Hits und dann ging es zum warm machen für die Startelf. Ich hab mich derweil um Moritz Kunath gekümmert, dem danach die Handschuh gefeuert haben – anmerken lassen wollte er sich jedoch nichts.
Und jetzt wirklich zum Spiel:
Anders als in den letzten Träumen vom Comeback hatte ich pünktlich zum Anstoß die Schuhe zugebunden. Einzig neben mir auf der Bank in Uniform der leider scheidende Torhüter a.D. Karl Henker, der nach der Saison seine Karriere als Feldspieler in seiner Dresdner Heimat fortsetzen möchte. Da waren wir also, die zwei Optionen die nochmal Einfluss aufs Spiel nehmen sollen wenn es erforderlich ist. Zunächst lief aber alles nach Plan. Edelweiß fing konstruktiv an. Die erste dicke Chance lies nicht lang auf sich warten. Max Herrmann wurde in der Spitze angespielt und ihm gelang es den Ball für Tobias Berthold durch zu stecken. Dem pfeilschnellen Linksaußen war die Murmel aber noch nicht ganz an den Fuß gewachsen und so kam im letzten Moment noch ein Verteidiger zum klären. Beim zweiten Abschluss knallte es dann gleich mal. Marco Junghanns nagelte das Leder aus 18m an die Latte. Spätestens als Niklas Maruschke eine ziemlich scharfe Berthold Flanke aus kürzester Distanz neben das Tor setzte, sehnten sich alle die es mit Rammenau hielten nach dem ersten Torjubel. Und das waren immerhin 5, plus Mannschaft und Betreuerstab. Niklas Maruschke brummte dann kurz der Schädel vom Kopfball – etwas Genugtuung für mich nach meiner schlaflosen Nacht. Defensiv hatte man im ersten Durchgang größtenteils alles im Griff. Die wenigen Vorstöße der Zeißiger konnte man im ersten Durchgang gut weg verteidigen. Nicht zuletzt der junge Jakob Rabe machte auf der Rechtsverteidiger Position ein abgeklärtes Spiel. Und dass, obwohl es nach eigener Aussage nicht seine Traumposition ist. Trotz zahlreicher Möglichkeiten ging die erste Halbzeit ohne Tore über die Bühne. Schlimmer noch, Edelweiß musste noch vor der Pause wechseln und ihr erinnert euch – so viele Optionen gab es da nicht.
Tobias Berthold hatte sich mit Ball auf dem Weg in den 16er gemacht. Der wendige Metallbauer musste aber noch an einem Verteidiger vorbei. Schneller als es die Schuhe auf der feuchten Wiese mitmachten wollte er dann die Richtung wechseln, rutschte weg und landete unglücklich mit dem Oberarm auf dem Ball. Ein Schrei und Schmerzen folgten. Die medizinische Abteilung in Form von Lukas Gries eilte aufs Feld. Zielsicher zückte er das Eis-Spray und sprühte es Tobi auf die von ihm gehaltene Hand. Aber Fehlanzeige. Der Schmerz saß in der Schulter. Die erste Laien-Diagnose war dann Schulter ausgekugelt. Tobias ordnete dann seine Knochen mit einer mutigen Arm Bewegung. Das Knacken seiner Schulter weckte mich dann auf und mir wurde bewusst, Wechsel Nummer eins wird jetzt vollzogen – der Nächste bist du Michel!
Halbzeit. Die Jungs gehen rein. Ich dreh paar Runden bei 31 Grad Außentemperatur und praller Sonne, Shakehands mit dem Vorstand-Sport (der meinen Trainingsfleiß der letzten Wochen schon zur Kenntnis genommen hat), paar Bälle übers Tor und dann hab ich mich auch schon wieder hingesetzt.
Zweiter Durchgang.
Edelweiß beginnt wieder gut. Zunächst hatte Karl Henker den ersten Tempolauf über links gestartet der die Edelweißen-Herzen höher schlagen ließ. Und dann fiel auch endlich das erlösende Tor. Max Herrmann zog mit links ab und Cornelius Gries staubte aus spitzen Winkel ab (50‘). Die Erlösung. Noch zwei Tore und ich werde bei meiner Einwechslung kurz vor Schluss nichts mehr versauen können – dachte ich.
Edelweiß lies die Hausherren danach aber im Spiel. Konkrete Vorträge nach vorn konnten nicht final untergebracht werden. Und in der Defensive hatte man bei einigen hohen Bällen in den Fünfer Probleme mit der Zuteilung. Auch Moritz Kunath war es zu verdanken das die Null stand, der einmal in höchster Not klären musste. Mitte der zweiten Halbzeit sollte ich mich dann bewegen gehen und es dauerte nicht lange – dann signalisiert Niklas Maruschke das der Oberschenkel zwickt. Wieder der! Naja gut, knappe 25 Minuten ohne Radlerhose, da wird der Wolf keine Chance haben. Plötzlich musste es schnell gehen, anziehen musste ich mich aber auch noch. Gedanken an den Traum in dem das Schuhe-binden das Comeback verhinderte kamen auf, ich muss lachen, zieh mir die Bandage übers Knie und auf ging es. „Was soll ich machen Conrad?“ „Du gehst in die Spitze! Max dahinter, Cornelius auf Rechts!“ gesagt getan.
Der erste Ball der für mich gedacht war zwang mich auch schon ins “Tempo“ und Richtung Tor. Ein Laufweg den ich bei den “Alten Herren“ auch schon mal abgebrochen habe weil ich von einem Ü40 Gegenspieler überholt wurde. Doch diesmal lief es besser, von den aufgerückten Zeißigern waren nicht mehr viele übrig die mich hätten aufhalten können. Mit langen Schritten ging es also Richtung 16er. Und tatsächlich kam dann auch ein Schuss aber kein Tor. Der Keeper parierte. Grinsen von allen Seiten und die Gedankenwelt schweift kurz in den Konjunktiv ab: “Wenn der…“ Egal. Wir wollten das Spiel noch gewinnen und um hier die Kuh vom Eis (31 Grad) zu holen muss noch ein Tor her. Und das fiel dann auch. Einen Angriff über Rechts kombinierten wir ganz gefällig in Richtung Tor der Hausherren. Im zweiten Anlauf bekomme ich den Ball tatsächlich nochmal am rechten Strafraumrand vor den Fuß gespielt und entscheide mich sofort das Ding in die Mitte auf den langen Max Herrmann zu schlagen. Die Richtung stimmte aber zu zweit konnten die Verteidiger den Ball zunächst vor Max sichern. Doch der wuchtige Stürmer setzte nach und kam letztlich aus der Drehung zu einem gefühlvollen wie platzierten Abschluss ins linke Obere Eck (80’) 2:0 – Jubel bei fast allen. Conrad Wähner fluchte, lies den Frust an einer Flasche aus und musste im wahrsten Sinne gesagt bekommen das der Ball im Tor war, dann konnte auch er sich freuen. Jetzt war aber auch klar, wir müssen es ziehen! Defensiv konnte man nun auch wieder überzeugen und der Umstand, das die Heimelf die letzten 10 Minuten zu zehnt spielen mussten kam uns natürlich entgegen. Gute Besserung an der Stelle an die Zeißiger Nr. 9, der sich bei einem Foul von Grieser am Knöchel verletzte und nach der Partie auch den Weg Richtung Notaufnahme auf sich nahm. Danach hatten wir noch 1-2 Umschaltmomente die wir hätten besser zu Ende spielen müssen aber am Sieg sollte sich nichts mehr ändern.
Überschwänglich und kraftlos lag man sich dann in den Armen – ich hab’s vermisst. In der Kabine war danach wieder Megapark Stimmung. 2-3 Bier und eine großzügige Route nach Rammenau in einem nicht klimatisierten Bus (bzw. hat man den Schalter erst in Rammenau gefunden) rundeten den Tag ab.
Bei allen Sonderregelungen im Tabellenkeller hat sich unsere Mannschaft mit dem Sieg in Zeißig sportlich den Klassenerhalt gesichert – dafür großen Respekt Jungs!
Nun winkt noch der Saisonabschluss. Am Sonntag 15 Uhr kommt der Königswarthaer SV zum letzten Spiel der Saison und mit einem Sieg und mit etwas Glück bei der Tordifferenz kann man noch in der Tabelle klettern. Der Stimmung beim anschließenden Mannschaftsabend sollte das sicher gut tun! Auf geht’s Männer!
2 Gedanken zu „ERSTE | 18.06.2022 gg. SV Zeißig“
Wunderbare Beschreibung dieses Auswärtsspiels . Ich war sehr begeistert. Danke Michel.
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